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Der Fluch der Latenz

Definition Latenz:
Latenz nennt man die zeitliche Verzögerung eines Signals.

Bei der Verwendung von digitalen Tonaufnahme- und Wiedergabesystemen kommt es unweigerlich zu Latenzen, weil man das analoge Signal zum Beispiel der Stimme oder des Instruments zunächst in ein digitales Signal wandelt. Dann wird es in der Regel digital bearbeitet zum Beispiel durch digitale Effekte wie Hall, Chorus, Kompressoren und so weiter und wird schließlich wieder in ein analoges Signal gewandelt, so dass es über Lautsprecher oder Kopfhörer hörbar wird. Man spricht hierbei von Analog-Digital- und Digital-Analog-Wandlern oder kurz: A/D- oder D/A-Wandlern. Die Zeit für die A/D- und D/A-Wandlung beträgt typischerweise:

Verzögerung Äquivalente Entfernung *)
A/D-Wandler 0.5 ms 0.17 m
D/A-Wandler 0.5 ms 0.17 m
Pufferung für die digitale Signalverarbeitung **) typischerweise
2 - 30 ms
typischerweise
0.68 m - 10.20 m

*) Wie wir wissen, ist die Geschwindigkeit, mit der sich Schall ausbreitet im Vergleich zum Licht recht klein, nämlich ca. 340 Meter pro Sekunde (340 m/s). D.h. der Schall braucht zum Beispiel ca. eine halbe Millisekunde (0.5 ms), um eine Strecke von 0.17 Metern (0.17 m) zurückzulegen. Auf diese Weise kann man zu jeder Signalverzögerung eine entsprechende äquivalente Entfernung bestimmen.

**) Bei einer Abtastrate von zum Beispiel 44100 Werten pro Sekunde (44100 Hertz) und einer Puffergröße von 1024 Werten, dauert es mindestens 1024 s / 44100 also 23.2 ms, um den Puffer zu füllen.

Na und?

... könnte man anmerken. Aber: Je größer die Verzögerung, desto schwieriger ist es auf den Punkt d.h. den Metronom- oder Schlagzeug-Beat zu spielen. Auf größeren Bühnen kann man nur gut zusammenspielen, wenn man nicht weiter als drei Meter voneinander entfernt steht, oder eine gute Monitoranlage hat.

Meine Aufnahmeerfahrungen sind:

Verzögerung Äquivalente Entfernung Vermögen auf den Punkt zu spielen
0 ms 0 m Exzellent
4.5 ms 1.5 m Ok
6 ms 2.0 m Gut
10 ms 3.3 m Noch ok
15 ms 5 m Schwierig
> 29.4 ms > 10m Unmöglich


Wenn man Klavier oder Gitarre spielt, liegt der Abstand zwischen dem Instrument und den Ohren bei 1..2 m. Bei elektrisch verstärkten Geräten liegt der Abstand zur Box in der Regel bei 2..3 m. Wenn man zum Beispiel mit Hilfe eines Drahtlos-Sets sich weiter als 10m entfernt, merkt man, dass es quasi unmöglich ist, noch mit der Band im Tempo zu bleiben.

Sänger haben zusätzlich das Problem, dass sie ihre Stimme direkt über die Knochenschallausbreitung hören. Kleinste Verzögerungen, die auch schon bei gut positionierten Monitoranlagen entstehen, führen zum sogenannten Kammfiltereffekt, bei dem es bei einigen Frequenzen zur Auslöschung kommt und die Stimme ungewöhnlich klingt. Auch wenn man sich als Sänger daran gewöhnt, ist es natürlich trotzdem eine Freude, seine Stimme direkt und ohne Verzögerungen analog auf den Kopfhörer zu bekommen.

Apropos Kammfilter:
Die resultierende Amplitude A(f), die sich aus der Überlagerung zweier identischer, aber zeitverzögerter Signale in Abhängigkeit der Frequenz f ergibt, ist:
$$A(f)=2\cdot|\ cos(2\cdot\pi\cdot f\cdot\frac{dt}{2})\ |$$ Zum Beispiel ergibt eine Verzögerung von dt = 2 ms eine Auslöschung (A=0) bei 250 Hz, 750 Hz, 1250 Hz, 1750 Hz, 2250 Hz,... (250 Hz * 1, 3, 5, ...).

Wie kann man unnötig große Latenzen bei Aufnahmen vermeiden?

Die folgenden Möglichkeiten gibt es, um unnötige Latenzen zu vermeiden:

Die Verzögerungen messen

Eine einfache Möglichkeit, um Aufnahme-Latenzen zu messen, ist im folgenden Versuchsaufbau dargestellt:

Metronom
1. Mikrofon


Kopfhörer und 2. Mikrofon


Metronom mit dem ersten Mikrofon aufnehmen.

Das Monitorsignal aus dem Kopfhörer mit einem zweiten Mikrofon aufnehmen.

Der Vergleich der beiden Aufnahmen zeigt die Zeitverzögerung (Latenz) von hier 50 ms auf.


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